Ausschnitte aus den Vinzentinischen Nachrichten Nr. 10

anlässlich der 125-Jahr-Feier "Lazaristen in Österreich"

Das erste Auftreten der Lazaristen in Österreich

Es war mitten in der Zeit der Auseinandersetzung zwischen Staat und Kirche, als Wiens Erzbischof, Kardinal Chigazzi, 1758 das Wiener Alumnat (Priesterseminar) gegründet hatte, nun Ausschau hielt nach geeigneten Priestern, die er mit der Leitung des neuen Instituts und der Leitung der Heranbildung des jungen Klerus betrauen konnte.

Er wandte sich an die polnische Provinz der Lazaristen, die schon 1651 durch Vinzenz von Paul selbst gegründet worden war. Mit Erlaubnis des Generalsuperiors de Bras schickten die Polen drei Missionare nach Wien.

Ihre Arbeit fand großes Wohlwollen und vollste Zufriedenheit seitens des Erzbischofs, und die Kaiserin Maria Theresia selbst sorgte für deren Unterhalt. 1762 forderte Kardinal Chigazzi auch für das Seminar in Waitzen (Ungarn) Lazaristen an. Ein großer Erweis der Anerkennung sprach aus dem Rundschreiben des Generalsuperiors Jacquier vom 1.Jänner 1763, durch das er der ganzen Kongregation mitteile, dass Kardinal Chigazzi wünschte, dass die Missionspriester die Leitung in allen Seminaren Deutschlands und Ungarns inne hätte. Die Missionare mussten jedoch ihre Tätigkeit im Seminar 1764 jäh abbrechen. Auch die Rundschreiben erwähnen ab 1764 nichts mehr von der Arbeit in Wien. Ursache war wohl der Konflikt, bei dem es um eine Änderung des Studienwesens ging, zwischen dem jansenistischen Leibarzt der Kaiserin, Gerhard van Swieten, und Kardinal Chigazzi.

Swieten konnte schließlich die Universitätsstudien auch auf der theologischen Fakultät in seinem Geist reformieren und die Auseinandersetzung auf der Seite des Kardinals für sich entscheiden. Die Lazaristen, die in dieser Auseinandersetzung auf der Seite des Kardinals standen, waren gewiss nicht gewillt, sich einer "aufgeklärten" Theologie und der proklamierten absoluten Staatsomnipotenz zu beugen. Das plötzliche Verschwinden der Lazaristen wird dadurch verständlich.

Anlass zur Gründung der Provinz

Die erste Niederlassung der Barmherzigen Schwestern in Österreich, die 1841 in Graz von Dr. Roman Zängerle, Fürstbischof von Seckau, gegründet worden war, gab den Anstoß, dass Lazaristen nach Österreich kamen. Diese Schwesterngemeinschaft war mit dem Mutterhaus in Paris nicht vereinigt, betrachtete sich aber sehr wohl als Töchter des Hl. Vinzenz v. Paul.

Die Oberin Leopoldine Gräfin Brandis, strebte jedoch die Vereinigung mit den Schwestern in Paris an. Unterstützt vom ersten Spiritual ihrer Gemeinschaft, Johann Nepomuk Klaischer, und mit Erlaubnis Fürstbischof Rauschers, der Zängerle nachgefolgt war, reiste sie mit Schwester Hildegard Robic und Spiritual Klaischer 1850 nach Paris, um den Geist der dortigen Schwestern kennen zu lernen.

Dort blieben sie vom Oktober 1850 bis Juni 1851 und wurden in alle Gebräuche, Regeln, sowie Übungen eingeführt, schließlich in die Gemeinschaft aufgenommen und eingekleidet. Johann Klaischer unterstützte nun tatkräftig die zur Visitatorin ernannte Schwester Leopoldine Brandis bei der Bewältigung der Schwierigkeiten, die die Umkleidung ihrer Gemeinschaft mit sich brachten. Für die Errichtung eines eigenen Noviziates benötigte sie jedoch, wie ihr in Paris erklärt wurde, Lazaristen. Deswegen hatte sie schon bei der Rückkehr aus Paris einen Lazaristen, Bartholomäus Touvre, nach Graz mitgebracht.

Unabhängig davon haben sich zur selben Zeit die Grafen Karl d´-Avernas, Klemens Brandis, Oberhofmeister Kaiser Ferdinands I., und Ferdinand Brandis, der Bruder der Sr. Leopoldine, zusammengefunden, um ein Haus für Volksmissionare in Österreich zu gründen. Über Martin Glaser, Pfarrer von St. Peter bei Marburg hatten sie sich an die Redemptoristen gewandt, welche ablehnten.

In dieser Situation schaltete sich Spiritual Klaischer ein und schlug vor, doch Lazaristen als Volksmissionare und Seelsorger der Schwestern nach Österreich zu holen. Um sprachliche und behördliche Schwierigkeiten zu umgehen, sollten einheimische Priester ins Noviziat nach Paris geschickt werden. Er selbst ging nach Paris und nahm zwei Priester mit sich, Jakob Horvath aus der Diözese Seckau und Anton Zohar aus der Diözese Lavant.

Bild: Sr. Brandis

Sr. Brandis - Zitate

  • Im Vertrauen auf Gott, bin ich ruhig.
  • Gott zulieb geht alles.
  • Immer mit JESUS, in Arbeit, in Freude und Leid.
  • Alles geschehe aus Liebe zu Gott und mit innerer und äußerer Freundlichkeit.
  • Wenn Sie in Ihren Familien Frieden haben wollen, dann müssen Sie gut schweigen und gut leiden können.
  • Seien Sie stets heiter und froh in der Liebe zu Gott.
  • Wie freue ich mich, dass Sie alle heiter und in Liebe beisammen sind, das macht die hl. Armut.
  • Ich bin ganz durchdrungen von der Glückseligkeit des Berufes.
  • Wir müssen in die Krankensäle treten als wären sie eine Kapelle.
  • Sehen wir im Geist des Glaubens auf die Krankenbetten, es ist der Heiland selbst, der dort ruht.

Hindernisse und deren Überwindung

Als 1851 das Noviziat beendet und die drei Priester in die Kongregation aufgenommen waren, wagte es aber wegen der politischen Lage noch kein Haus in Österreich, sie aufzunehmen. Auch Fürstbischof Rauscher konnte sich zu diesem Zeitpunkt nicht dazu entschließen. Denn Priestergemeinschaften, deren Obere im Ausland ihren Sitz hatten, durften in Österreich keine Niederlassungen errichten. Der Bischof von Lavant, Martin Slomsek, glaubte jedoch einen Weg zu kennen. Er wandte sich zu Beginn des Jahres 1851 über Graf Brandis an Ferdinand I und seine Gattin Maria-Anna und ersuchte sie um Unterstützung für die Gründung des Missionshauses der Lazaristen. Die Gewährung einer solchen Unterstützung musste aber als indirekte Anerkennung einer Niederlassung der Lazaristen von Seiten eines Mitgliedes des Kaiserhauses gewertet werden und verlieb dem Handeln von Slomsek eine nicht zu unterschätzende Rückendeckung.

Die vom 3. Juni 1852 datierte Antwort brachte die Zusicherung mit dem angeschlossenen Betrag von 4000 Gulden.

Kurz zuvor hatte Bischof Slomsek der Stadtpfarre Cilli die Notwendigkeit dargelegt, ihre Seelsorge durch "werktätige Priester" zu unterstützen, da er beabsichtigte, die auf einer Anhöhe bei Cilli gelegene Kirche samt Benefiziatenhaus den Lazaristen zu übergeben. Seinen Vorschlag, Missionspriester des Hl. Vinzenz mit dieser Aufgabe wie auch mit der Leitung des dortigen Knabenseminars zu betrauen, nahm man in Cilli wohlwollend an.

So konnte Bischof Slomsek am 26. September 1852 die drei Lazaristen Klaischer, Horvath und Zohar unter Führung eines schon erfahrenen Priesters aus Köln, Konrad Hirl, in das Haus St. Josef in Cilli feierlich einführen. Zu dieser Zeit war die formelle Bestätigung der Gründung durch die politische Behörde aber noch ausständig. Auf das Ansuchen von Bischof Slomsek wurde schließlich mit Note vom 22. Februar 1853 vom Kultusminister die vorläufige Zurkenntnisnahme mitgeteilt. Damit war der Grundstein für die Provinz gelegt.

Johann Klaischer wurde mit Etienne zum ersten Direktor der Schwesternprovinz ernannt. Er leitete von St. Josef in Cilli aus die Schwesterngemeinschaft in Graz und in den anderen Häusern.

Am 7. Februar 1853 kamen weitere steirische Priester, Martin Derler und Josef Premoschm, die ihr Noviziat in Paris gemacht hatten, nach Cilli. Der bisherige Superior, Konrad Hirl, kehrte eine Woche darauf nach Köln zurück.

Unerwartet traf die junge Gemeinschaft ein schwerer Schlag, als Johann Klaischer am 15. März 1853 tot im Bett aufgefunden wurde. Jakob Horvath übernahm das Amt des Superiors und auch provisorisch des Direktors der Barmherzigen Schwestern, bis zum angekündigten Besuch des Generalsuperiors.

Provinzerrichtung

Der angekündigte Besuch des Generalsuperiors sollte für die kleine Schar der Lazaristen von größter Bedeutung sein. Etienne kam am 9. August 1853 in Begleitung eines französischen Lazaristen bayrischer Abstammung, Maria Dominikus Adolf Schlick. Als der Generalsuperior Österreich verließ, begleitete ihn Domenikus Schlick nur mehr bis Köln, von wo er mit einem Brief Etiennes an Schwester Leopoldine Brandis nach Graz zurückkehrte. Dieser Brief war seine Bestellung zum neuen Direktor der Schwesternprovinz. Schlick ging nicht mehr nach Cilli, sondern bezog ein kleines Haus neben dem neuen Mutterhaus der Schwestern in Graz. Damit aber besaßen die Missionspriester bereits stillschweigend eine zweite Niederlassung in Österreich.

Verschiedene politische Schwierigkeiten, die in der polnischen Provinz die Verbindung zwischen dem Provinzhaus in Warschau und dem Missionshaus in Krakau unmöglich machten, veranlassten Generalsuperior Etienne, das genannte Haus in Krakau Schlick in Graz zu unterstellen und zugleich, noch 1853 eine neue Provinz, die österreichische, mit Schlick als ersten Visitator zu errichten.

1855 erfolgte schließlich unter dem Druck Erzbischof Rauschers die kaiserliche Bestätigung der österreichischen Lazaristenprovinz.